Das Fachmedium Banking Technology fasst ein Gespräch mit drei Führungskräften der US-Bankenbranche zusammen, die drei unterschiedliche Wege zur Modernisierung von Kernbankensystemen vorstellen: von vollständig modularen Architekturen über einen Parallel-Core-Betrieb bis hin zu einem stark datengetriebenen Kernmodell. Im Beitrag schildern Kelli Keough (SoFi), Raphael Reznek (Mascoma Bank) und Chris Black (Thread Bank), wie stark die Leistungsfähigkeit des Kernbankensystems heute darüber entscheidet, ob Institute Innovation überhaupt noch mit angemessenem Tempo umsetzen können.
Zu Beginn wird SoFi als Beispiel für ein Institut dargestellt, das auf eine moderne Kernarchitektur setzt. Kelli Keough erläutert, dass vor allem der von Galileo bereitgestellte moderne Core es dem Unternehmen ermögliche, sehr schnell neue Produkte an den Markt zu bringen. Zunächst stelle sich das Team immer die Frage, wie ein Angebot „richtig“ gestaltet werden könne und beginne daher konsequent beim Design. Anschließend werde geprüft, welche Fähigkeiten im Unternehmen bereits vorhanden seien und wie sich diese nutzen ließen, um möglichst schnell live zu gehen. Auf dieser Basis, so wird sie zitiert, könne SoFi nun schrittweise zusätzliche, moderne Technologien wie KI und Blockchain auf den bestehenden modernen Core „aufsetzen“.
Besonders ausführlich ging das Gespräch auf die Modernisierungsstrategie der Mascoma Bank ein. Raphael Reznek erläuterte, dass sein Institut seit 14 Monaten zwei Kernbankensysteme parallel betreibe, ohne dass Kunden davon etwas bemerkten. Demnach hat das Institut eine Orchestrierungsschicht aufgebaut, über die sich der „System-of-Record“-Zeiger flexibel von einem Kern auf den anderen umschalten lasse – vergleichbar mit einer Adressänderung. Da Mascoma über ein eigenes Echtzeit-Datenrepository verfüge, müsse das digitale Banking nicht ständig beim Core nachfragen, sondern könne jederzeit konsistente Daten anzeigen. Konto- und Datenumzüge fänden dadurch im Hintergrund statt, während Kunden parallel Transaktionen ausführen.
In dem Zusammenhang wird hervorgehoben, welche Hürden dieser Ansatz mit sich brachte. Reznek berichtete, dass das Team zunächst davon ausgegangen sei, die Implementierung des neuen Cores – Thought Machine Vault – in die bestehende Architektur werde weitgehend reibungslos verlaufen. „Aber wir haben schnell gemerkt, dass unser ‚Walled Garden‘ von unserem alten Anbieter genau das ist. Es ist ein gut geschützter ‚Walled Garden‘.“ Nach Aussage des Bankmanagers wollte der Legacy-Anbieter die Kontrolle über die Daten nicht abgeben, weshalb Mascoma gezwungen gewesen sei, die Hoheit über die eigenen Daten aktiv zurückzugewinnen. Dies sei nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch ein entscheidender Schritt gewesen, da die Bank ohnehin die Verantwortung für diese Daten trage.
Chris Black steuerte die Perspektive der Thread Bank bei. Er führte aus, dass seine Bank bereits vollständig auf ein „composable core“-Modell setze. Ein schlanker Kern und klar definierte APIs ermöglichten es, externe Services schnell einzubinden und Innovationen mit hoher Geschwindigkeit umzusetzen. Entscheidend sei dabei, dass Führungskräfte eine konsequente Ausrichtung auf Modularität, Tempo und klare Verantwortlichkeiten durchsetzen.
Trotz unterschiedlicher Ausgangslagen wurde im Gespräch deutlich, dass alle Beteiligten ein zentrales Risiko sehen: Geschwindigkeit verliert an Wert, wenn das Kernbankensystem nicht mithalten kann. Banking Technology schließt daraus, dass technologische Schulden, unflexible Architektur und eingeschränkte Datenverfügbarkeit heute zu den größten strategischen Herausforderungen gehören. Für viele Institute gehe es dabei längst nicht mehr um die Frage, ob sie modernisieren – sondern darum, wie konsequent und kontrolliert dieser Schritt umgesetzt wird.


