ISO 20022: Brücke zwischen digitaler Währung und Legacy IT

Eine aktuelles Forschungspapier untersucht die Rolle des Standards ISO 20022 bei der Integration digitaler Währungen in die Welt klassischer Bankensysteme.

Wie die Autorinnen konstatieren, könne die neue Nachrichtensyntax als technisches und regulatorisches Bindeglied zwischen traditionellen Infrastrukturen – etwa auf Basis des SWIFT-Netzwerks – und aufstrebenden Plattformen für CBDCs, Stablecoins und Blockchain-basierte Zahlungen dienen.

Demnach ermögliche ISO 20022 mit seiner strukturierten Datenarchitektur nicht nur effizientere Transaktionen, sondern schaffe auch Voraussetzungen für bessere Interoperabilität, automatisierte Compliance-Prozesse und Echtzeitüberwachung von Zahlungen. Gerade bei Anti-Geldwäsche- (AML) und Know-Your-Customer-Verfahren (KYC) ließen sich Daten künftig detaillierter und konsistenter erfassen.

Doch der Wandel bleibt anspruchsvoll. Laut den Autorinnen gehören Legacy-Systeme, hohe Integrationskosten und die parallele Nutzung von MT- und MX-Formaten zu den größten Hürden. Diese Koexistenzphase zwischen alter und neuer Nachrichtenlogik wurde jüngst als „Richtungsentscheidung für Banken“ beschrieben – zwischen kurzfristiger Anpassung und strategischer Erneuerung.

SWIFT-Experte Udo Browarczik, der im Interview mit dem „Legacy IT Center“ über die Transformationserfahrungen großer Zahlungsverkehrssysteme sprach, sieht die Einführung von ISO 20022 als Anlass, über Modernisierung grundsätzlich nachzudenken. Browarczik betonte, dass der Standard weit mehr sei als ein Formatwechsel: Er zwinge Banken dazu, ihre Kernarchitekturen, Datenmodelle und Prozesse auf Zukunftsfähigkeit zu prüfen.

Diese Einschätzung spiegelt sich auch in dem auf „Research Gate“ veröffentlichten Paper* wider: ISO 20022 wird dort als strategische Chance interpretiert, die Kluft zwischen Legacy-Infrastruktur und digitaler Innovation zu überbrücken. Allerdings sei dies kein einmaliger Umstieg, sondern ein „hybrider, schrittweiser Prozess“, der technische Migration, regulatorische Harmonisierung und kulturellen Wandel zugleich verlange.

Damit zeigt sich: Der Übergang zu ISO 20022 markiert nicht nur einen Standardwechsel, sondern steht exemplarisch für den Spagat, vor dem viele Institute im digitalen Zahlungsverkehr stehen – zwischen Bewahrung des Bestehenden und der Öffnung hin zu neuen, tokenbasierten Ökosystemen. (td)

*derzeit noch nicht peer-reviewed