Interview mit Nadine Brandies: „Mainframe nicht als Mythos oder Dogma sehen…“

Nadine Brandies ist als Bereichsleiterin Core Banking Solutions bei FI Solutions Plus in einem Umfeld unterwegs, in dem Anwendungen auf dem Mainframe ebenso zum Alltag gehören wie neue Technologien. Im Interview spricht sie über sachliche Strategien jenseits ideologischer Technikdebatten, über Führungsprinzipien im Wandel – und darüber, wie Teams über Generationen hinweg zusammenwachsen können.

In einem Ihrer LinkedIn-Posts schreiben Sie: „Mainframe ist alt, Führung ist neu – und ich stehe dazwischen.“ Was bedeutet dieser Satz konkret für Ihren Führungsalltag?

Das bedeutet für mich: Ich leite einen Bereich, in dem Menschen mit 30 Jahren COBOL-Erfahrung genauso arbeiten wie Berufseinsteiger:innen. Mein Job ist es, beide ernst zu nehmen – und beides zu verbinden. Für mich heißt Führung nicht: Kontrolle. Sondern Rahmen geben, in dem alle motiviert arbeiten können. Ich verstehe mich als Brückenbauerin – zwischen Menschen, Technologien und Strategie.

In der öffentlichen Diskussion wird der Mainframe oft entweder verklärt oder verteufelt. Wie gelingt es Ihnen, eine sachliche Perspektive zwischen Technik-Vermächtnis und Zukunftsstrategie einzunehmen?

Indem ich den Mainframe nicht als Mythos oder Dogma sehe – sondern als Betriebsplattform. Nicht alles gehört zwingend in die Cloud. Und nicht alles muss auf dem Mainframe bleiben. Die richtige Strategie erkennt, wo welche Technologie ihre Stärken hat. Das bedeutet für mich: Bewährtes erhalten, wo es sinnvoll ist – und gleichzeitig Offenheit für Neues schaffen. Keine ideologischen Grabenkämpfe, sondern technologische Vernunft.

Sie leiten Teams in einem Umfeld, das auf der einen Seite von tiefem Expertenwissen geprägt ist – und auf der anderen Seite von Modernisierung getrieben wird. Wie baut man Brücken zwischen diesen Welten?

Mit Empathie, klarer Kommunikation und gemeinsamen Erfahrungen. Ich gebe erfahrenen Kolleg:innen die Möglichkeit, ihr Wissen weiterzugeben – nicht als Pflicht, sondern als Chance, ihrem Lebenswerk eine Zukunft zu geben. Und ich ermögliche jungen Entwickler:innen, dieses Wissen einzuordnen, ohne sich zu verbiegen. Dafür braucht es Formate, die nicht künstlich wirken – sondern in der Komfortzone der Beteiligten ansetzen. Ein Beispiel: fachliche Workshops statt klassischer Teamevents – daraus ist bei uns sogar „WILMA“ entstanden: Wissen lebendig machen.

Der technische Spagat zwischen alten und neuen Anwendungen wird wohl nie ganz verschwinden. Was hilft Ihnen dabei, diesen Dauer-Konflikt konstruktiv zu managen?

Erstens: die Erkenntnis, dass es kein Entweder-oder geben kann. Und zweitens: die Bereitschaft, auch scheinbar „sperrige“ Systeme auf Basis von COBOL mit modernen Mitteln zu verstehen. Künstliche Intelligenz spielt hier eine wachsende Rolle – als Übersetzerin für jahrzehntealten Code. Sie ersetzt noch nichts, aber sie hilft, Zusammenhänge zu erkennen. So können auch neue Kolleg:innen Verantwortung übernehmen – ohne sich vorher durch 20 Jahre gewachsene Systeme kämpfen zu müssen.

Viele Themen rund um Legacy-Systeme wirken auf Außenstehende sperrig oder wenig attraktiv. Wie schaffen Sie es, Ihr Team für genau diese Herausforderungen zu begeistern?

Indem ich die Vielfalt der Motivationen ernst nehme. Für manche ist der Mainframe ein sicherer Job. Für andere ein ökologisch und digital nachhaltiger Ansatz. Und für einige schlicht Purpose: Sie wollen an etwas arbeiten, das Millionen Menschen täglich betrifft – statt die hundertste Social-App zu bauen. Ich sehe es als eine meiner Aufgaben, diese unterschiedlichen Perspektiven sichtbar zu machen und ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen gestalten können – nicht nur verwalten.

Vielen Dank für das Gespräch. (td)

 

Kurzvita

Nadine Brandies ist Brückenbauerin zwischen Menschen, Strategien und Technologien. Als Bereichsleiterin Core Banking Solutions bei der Finanz Informatik Solutions Plus GmbH führt sie die Mainframe-Kompetenz des IT-Dienstleisters in die Zukunft der Finanzwirtschaft. Mit Empathie, klarer Haltung und technologieoffenem Blick schafft sie ein Umfeld, in dem erfahrene wie junge Kolleg:innen gemeinsam den Wandel gestalten.

Über die FI-SP

Die Finanz Informatik Solutions Plus (FI-SP) ist der spezialisierte IT-Dienstleister für Landesbanken, Bausparkassen und weitere Verbundpartner der Sparkassen-Finanzgruppe. Mit rund 550 Expertinnen und Experten an mehreren Standorten entwickeln, integrieren und betreiben wir individuelle Softwarelösungen – passgenau für die Anforderungen der Finanzwirtschaft. Unser Portfolio reicht von der Neuentwicklung über Application Management bis zur projektbezogenen Unterstützung.